6 Uhr ich wache von den Geläut der Kirchenglocken auf, noch darf ich eine Viertelstunde liegen bleiben bis mein eigentlicher Wecker klingelt. Gestern gab's, nachdem ich um 21 Uhr von der Crêperie-Arbeit nach Hause gekommen bin, eine kleine Eskalation in Sachen Austausch-Franzose, miomarito war extrem genervt (zu Recht), Tertia auch und während wir beratschlagten, was wir jetzt machen (ilfiglio hatte neulich schon gemeint, dass ich nicht keine Lust mehr zum Erziehen hätte, sondern einfach keine Lust, freundlich zu erziehen - und da könnte er mich durchaus viel zu gut kennen - er weiß, bei so einem Verhalten hätte es bei ihm derartig geraucht ...), fiel dem Austausch-Franzosen ein, dass er eigentlich jeden zweiten Tag ausgiebig Trompete üben soll (wussten wir auch nicht) und dass er statt dessen eben nur gezockt hatte (wir haben die Zeiten ja schon beschränkt, aber wir haben eben auch keine Lust, Nerven und Zeit ständig nachzufragen bzw. zu kontrollieren, ob er (mit 15!!) seine Aufgaben macht. Er ist sich aber im Prinzip seines Problem bewusst (also dass er zu viel am Rechner sitzt - bei den anderen Sachen weiß ich es nicht, da muss ich bei Silencia mal nachfragen, wie das so bei den Schwestern ist), bekam dann einen kleinen Zusammenbruch (ich hatte noch nicht mal was gesagt!), so dass ich ein mir ja eigentlich fremdes heuendes Kind in den Armen hatte. Es gab dann ein Telefongespräch seinerseits mit seinen Eltern, miomarito chattet mit der Mutter, wir telefonieren morgen irgendwie und ja - den nächsten Austauschschüler vielleicht in etwas älter ... und fertig erzogen.
6:15 Uhr Aufstehen, Tertia wecken bzw. schauen, ob sie ihren Wecker gehört hat (den Austausch-Franzosen haben ich die letzte Wochen eigentlich jeden Morgen quasi aus dem Bett ziehen müssen, nach gestern scheint er es zumindest heute alleine zu schaffen). Kaffee, Frühstückstisch decken - auch eine Neuerung durch den Austausch, bei uns frühstückt ja eigentlich niemand, Tertia hin und wieder mal, jetzt tische ich jeden Morgen verschiedene Cerealien, Toast, Marmelade usw. auf, damit der arme Kerl satt wird (nix nur ein halbes Croissant in einen Milchkaffee tunken) und eine kurze Runde online in die Zeitungen schauen
Miomariot taucht kurz auf, hat nicht gescheit schlafen können, legt sich wieder hin und nimmt heute dann einen Zug später nach Stuttgart. Ilfiglio hat auch erst später Schule.
7:30 Uhr Tertia und der Austausch-Franzose sind auf dem Weg in die Schule, beide haben heute Nachmittagsunterricht, Tertia anschließend gleich rhythmische Sportgymnastik (Der Austausch-Franzose wird Trompe üben, so was von), ich habe also einen eher ruhigen Tag zu Hause (okay, bis zum Trompete-Üben ;-)) - den brauche ich aber auch immer dringend nach meiner gestrigen 12-13 Stunden Crêperie-Schicht. Mehr Kaffee!!
8:45 Uhr miomarito ist auf dem Weg nach Stuttgart, vorm Haus arbeiten - immer noch! - die Landschaftsgärtner am Kirchen-Weg. ilfiglio verkündet, dass er sich krank fühle und außerdem engeren Kontakt mit jemand hatte, der heute morgen einen positiven Corona-Test hatte und er bleibt jetzt mal lieber zu Hause und im Bett.
Ich fühle mich wie jeden Dienstag sehr, sehr alt und möchte bitte nur sitzen - also noch mehr Kaffee trinken und Zeitung/twitter lesen.
10:30 Uhr geduscht, in der Küche etwas aufgeräumt, mit meinen Eltern telefoniert, ich muss jetzt einkaufen gehen und außerdem Sachen wegen anstehender Caterings klären, und Wäsche waschen, und Betten überziehen .. und ... und ... und mal sehen, was ich davon heute erledigt bekomme.
13 Uhr eingekauft (Supermarkt-Masken-Quote liegt noch so bei 80%), Crêperie-Zeug verräumt, Caterings geklärt, Sachen für den Crêpier vom Dachboden geholt und bereit gestellt, Wäsche gewaschen, schnell was gegessen, unserer ehemaligen Vermieterin unten im Haus das Mittagessen bzw. den Topf mit dem gekochten Mittagessen zwei Häuser weiter zur ähnlichen alten Nachbarin getragen, damit die beiden zusammen zu Mittag essen können, Schwätzchen mit einem der Landschaftsgärtner über unseren Kirschbaum gehalten, dessen Blüten es tatsächlich durch den Frost geschafft zu haben scheinen (es waren nur so -3°/4°C statt der angekündigten -10°C).
Weitere Versuche meine Lebensgeister mit Kaffee zu wecken ...
15 Uhr Spülmaschine aus- und eingeräumt, Waschmaschine ebenso, Wäsche ab- und aufgehangen und in die Zimmer verteilt, Bett abgezogen und neu bezogen, einem alten Schulfreund, der im Mai aus Australien nach Deutschland kommt, mit seine Familie bei meinen Eltern auf dem Turm wohnen wird und danach noch Urlaub in Italien (u.a. am Gardasee) machen will, viele Tipps und Hinweise geschrieben, ilfiglio steht auf und macht mal einen Corona-Test (den letzten, den wir noch haben ... ich muss mal Nachschub kaufen, andererseits, ist ja eh jetzt vorbei *muahaha* - ilfiglio kennt viele, die es jetzt schon zum zweiten Mal haben, also kann schon sein, dass er sich wieder angesteckt hat ...) Ansonsten immer noch müde ... Anfrage wegen eines Shooting (Kommunion) abgesagt, weil ich da im Urlaub (Lago!!) bin, noch mal Catering-Anfragen durchgegangen ...
16 Uhr ilfiglios Test ist negativ, was ja nichts usw. aber immerhin irgendwie ... gut. Ich schreibe Entschuldigungen/Befreiungsanträge für seine Bewerbungsgespräche nach den Osterferien, inzwischen ist er für ein FSJ in Frankfurt eingeladen worden und für zwei in Stuttgart. Bremen und Oldenburg fehlen noch, aber das waren eh eher "Spaß-Bewerbungen". Wir sprechen über die Austausch-Franzosen-Situation und planen etwas den Osterurlaub, ilfiglio kommt mit an den Lago, fährt aber auch noch nach Mailand, um sich dort ein Spiel anzuschauen und will nach San Marino und dann doch noch irgendwo hin, alles mit einem Italien-Interrail-Pass für 105 Euro. Hört sich sinnvoll an (neulich schnell mal nach Belgrad fliegen, um sich das Stadt-Derby anzuschauen, eher nicht - haben wir dann auch unser Veto eingelegt und das wurde nach etwa Gemotze dann auch akzeptiert).
Der Austausch-Franzose kommt nach Hause, sitzt jetzt wie gemeinsam abgesprochen im Esszimmer (neben meinem Arbeitszimmer) und macht brav seine Französischen Mathe-Hausaufgaben (die er wohl auf hat, von denen wir aber auch nichts wussten). Ich habe mir alles erklären lassen bzw. versucht, die Textaufgaben zu übersetzten - ging sogar ganz gut (so ohne echte Französisch-Kenntnisse), der Mathe-Stoff sind simple Prozentrechnungen - Silencia scheint Recht zu haben, dass die 10. Klasse in Frankreich nicht so weit ist wie ihre 10. Klasse hier (Silencia sagt, das sei sehr praktisch, da sie sich nicht so auf den Stoff konzentrieren muss, sondern nur auf das Verstehen des Französisch).
Schon einmal freundlich aber bestimmt erklärt, dass YouTube-Videos kein Mathe sind (waren auch keine Mathe-Lern-Videos) - basic stuff again ...
18:00 Uhr mit miomariot wegen des Oster-Urlaubs und der Wettervorhersage gechattet, nochmals Wäsche aufgehängt, irgendwie friere ich schon den ganzen Tag, dabei ist es draußen gar nicht mehr so kalt ... ich will Sommer!!! Termin beim Tierarzt für unsere Katze ausgemacht, dem Austausch-Franzosen noch 3x gesagt, dass er jetzt Mathe machen soll und nicht Videos schauen, Tertia ist noch bei der Rhythmischen Sportgymnastik, Silencia dürfte in Frankreich jetzt so langsam Schulaus haben, Dienstag hat sie nur bis um 17 Uhr irgendwas Unterricht. Morgen müssen wir zwei uns dann mal über Mathe unterhalten ... Kalender der Crêperie aktualisiert, morgen muss ich die Buchführung des ersten Quartals fertig machen. Der Austausch-Franzose ist mit Mathe fertig, darf kurze Pause machen und soll dann Trompete üben.
18:30 Uhr Tertia kommt nach Hause, mit ihren neuen Keulen (aus Plastik/Gummi) und beschwert sich zum einen über die Schule (Wir mussten einen Fisch sezieren!! Mamaaaa!!) und zum anderen, darüber, wie sch** anstrengend das Keule-Drehen sei - außerdem seien sie heute nur zu zweit im Training gewesen. Paket von meinen Eltern aufgemacht, meine Mutter hatte Röcke für Tertia genäht, die viel zu groß waren (sprich, sie ist durchgefallen), jetzt passen sie richtig. Jetzt muss Tertia noch einmal los, weil sie ihr Fahrradschloss bei ihrer Freundin vergessen hat...
Der Austausch-Franzose spielt (recht schön) Trompete, danach ist dann Tertia mit dem Klavier (aka E-Piano mit Kopfhörern :-)) dran. Noch beschwert sich ilfiglio gar nicht, was das für ein Lärm sei (entweder sitzt er am Computer, hat seine Kopfhörer auf und zockt - oder er ist wirklich schon fast erwachsen ;-))
Ich muss wieder einmal die Geschirrspülmaschine ausräumen und mir dann langsam Gedanken über das Abendessen machen ...
21:20 Uhr die kurz Zusammenfassung des Abend, Gnocchi mit Salbeibutter gekocht, relativ friedliches Abendessen, der Austausch-Franzose hat sich wirklich zusammen gerissen, ich bzw. ilfiglio hat ihm um 20 Uhr das Internet abgedreht, worauf er wie ausgemacht den Tisch mit Tertia zusammen gedeckt hat, er ist tatsächlich die ganze Zeit am Tisch sitzen geblieben (muss ihn nur einmal ermahnen) und dass man nicht aufsteht und über den ganzen Tisch greift bringt ihm miomarito auch noch bei. Zusammen viel gelacht, und Geschichten erzählt und tief durchgeatmet. Es wird.
5 commenti:
Puh. Das Konzept Schüleraustausch hat mich in dem Alter schon massiv abgestoßen und jetzt als Elternteil hätte ich da auch keine Lust drauf. Ich weiß ja nicht wie eure Absprachen sind, aber ich würde den Jungen einfach machen lassen wie er denkt, dass es richtig ist. Sollen seine Eltern den Miesenpeter spielen, meine Energie würde ich da nicht reinstecken. Nicht meine Affen, nicht mein Zirkus.
Es ist nicht einfach, aber ich denke, das bekommt man schon irgendwie hin. Bei Silencia klappt es laut Rückmeldungen (von beiden Seiten) hervorragend - und das ist das wichtigste.
Ich denke, a) ist das ein schwieriges Kind und b) haben wir es völlig unterschätze, wie ungewohnt diese relative Freiheit und/aber auch Selbstorganisation (Hausaufgaben, Hobby usw.) am Nachmittag für französische Kinder wohl ist, die ja seit frühster Kindheit von morgens bis abends durchgehend betreut werden. Sei es im Kindergarten oder eben im Gymnasium, wo ja - außer am Mittwoch - die Schule von 8 bis 18 Uhr durchgeht - das ist jetzt natürlich schon eine ganz schöne Umstellung bzw. wohl auch komplette Überforderung. Und dazu braucht es Selbstdisziplin - die kommt ja aber a) nicht über Nacht und b) stecke ich da jetzt keine große Energie rein, weil eben nicht mein Kind.
Aber wir müssen einen Weg finden, dass er nicht komplett untergeht (bzw. komplett in die virtuelle Welt abtaucht) und dass wir uns nicht zu sehr über ihn aufregen müssen, weil er deshalb dann komplett zappelig, aufgedreht und eigentlich auch unausgelastet ist.
P.S.: Und ja, das mit dem Alter ist eh schwierig, Silencia wollte ja schon die ganze Zeit einen Austausch machen und wir hatten ihr geraten zu warten, bis sie mit der Schule fertig ist, eben weil man so jung dann wahnsinnig abhängig von der Gastfamilie ist. Jetzt läuft es bei ihr aber super (sie ist aber halt auch groß und selbstständig und tough (und wohl erzogen .... ;-D), sie ist glücklich und zufrieden.
Spricht aber sehr für euch, dass er vor euch zusammenbricht und Trost sucht. Da scheint viel Vertrauen seinerseits vorhanden zu sein (spricht die Laienpsychologin in mir), ist ja auch was wert. Einerseits. Andererseits hätte ich auch keine Lust bei einem "fremden" 15jährigen Erziehungsarbeit zu leisten. Gutes Durchhalten! :-)
LG Sarah
Oh, das mit dem „Keine Lust auf Erziehen mehr“ (egal ob freundlich oder unfreundlich übrigens!) fühle ich so sehr, ich wäre echt durch damit. Bedauerlicherweise muss man aber an der Missi noch sehr viel mehr herumerziehen als an der Großen in dem Alter... Deswegen beobachte ich auch sehr befremdet den Trend zum Hund („Das letzte Kind hat Pfoten!!) im Bekanntenkreis - ein weiteres Familienmitglied, für das ich nachts aufstehen und das ich erziehen müsste, wäre wirklich das LETZTE, was mir einfiele. Offenbar fehlt mir da ein ganz essenzielles Kümmergen, ich bekomme mich auch so beschäftigt ;)
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