Reise, Reise VII

Wir stehen einigermaßen früh auf, ilfiglio will nicht mitkommen, er hat zwar jetzt beschlossen, neben Geschichte und Kunstgeschichte klassische Archäologie zu studieren, aber er war halt vor zwei Jahren auch schon in Pompeji. Also ziehen miomarito und ich mit den Mädchen los. Ich hatte vorher gelesen, dass an dem Freien-Eintritts-Sonntag 15 000 Leute eingelassen und dann die Kassen erstmal für eine Stunde geschlossen werden. So groß ist der Ansturm dann aber doch nicht, ich vermute, die wenigstens ausländischen Touristen wissen das mit dem freien Eintritt und außerdem kommen die meisten (Amerikaner) eh in Reisegruppen mit Guide. Trotzdem ist es voll - und heiß.

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Immerhin kann man wie in Venedig den Massen aus dem Weg gehen und sich trotzdem ein paar schöne Sachen anschauen, allerdings ist von den Vermittlungsideen des neuen Chefs nichts zu merken, es ist immer noch so wie vor fast 30 Jahren (vermutlich seit noch länger, aber ich war eben vor fast 30 Jahre da). Die Tafeln erklären kaum etwas, vermutlich müsste man einen Audio-Guide nehmen, aber ich finde das als Familie eher umständlich bis nervig. Prinzipiell hat man schon das Gefühl, dass man entweder als Herde durchgetrieben werden soll und/oder sich die Anwesenheit in Pompeji hart verdienen muss, indem man in der Knall-Sonne herumsteht und sein selbsterworbenes Wissen eben anwendet. Spaß machen soll es auf jeden Fall in keinster Weise …

Im Buch zu Pompeji habe ich dann - später - gelesen, dass man als Erinnerung an die Bombardierung durch die Alliierten (die dachten, die Deutschen hätten in Pompeji Munition versteckt) in Haus des Fauns ein Stück einer Bombe (oder so) hat liegen lassen. Steht nur vor Ort nirgends und einfach so sehen scheint man die auch nicht und man fragt sich dann halt schon ... 

Die Trittsteine funktionieren aber immer noch gut

Und zum Glück gibt es Katzen (hier auf dem Alexander-Mosaik, ist aber eh eine Kopie)

Das neu entdeckte Haus der Leda :-)

Früher hat man aus konservatorischen Gründen die Wandmalerei und Mosaike immer abgenommen und nach Neapel ins Museum gebracht, das will man jetzt seit einiger Zeit vermeiden und die Sachen vor Ort lassen, deshalb sind die neuen Ausgrabungen auch interessanter anzuschauen. 

Nach drei Stunden haben wir dann doch genug, das nächste Mal dann Herculaneum.

(Für was sich das Buch von Zuchtriegel wirklich lohnt - so fand ich - sind seine Überlegungen dazu, wie viele Menschen in Pompeji gelebt haben. Das waren nämlich wohl sehr viel mehr als man bisher immer gedacht hat und das verändert natürlich auch die Vorstellung davon, wie die Menschen gelebt haben - wenn da plötzlich pro Zimmer 5 Leute leben statt 1-2.)

Silencia und ilfiglio fahren dann gemeinsam nach Sorent, dort steigt der Fußballverein heute in die 4. Liga auf ... und es soll einen schönen Strand geben. Dummerweise haben wir nur einen Schlüssel für die Wohnung und wir müssen den irgendwie verstecken, damit der, der zuerst nach Hause kommt, ins Haus kann. Dinge, die man eigentlich vermieden möchte ...  Wir wollen an den von miomarito gestern Abend vorgeschlagenen Strand und dann ab nach Neapel rein, um die Meisterschaft etwas mitzufeiern. 

Nach einer guten halben Stunde Wandern neben der Straße durch das Industriegebiet und die Wärme stellt sich heraus, dass miomaritos Strand keiner ist (sondern eine Industrie-Brache) und wir noch mal gute 20 min weiter bis nach Torre Annunziata laufen müssen (der nächste Ort) bis wir an einen Strand kommen (gut, dass wir da gestern nicht noch "schnell" hin sind).

Der Strand ist dann sehr nett, der ganze Ort (es ist Sonntag) ist am Strand, der Sand richtig schwarz 

und wir anscheinend die einzigen Touristen

Danach fahren wir gegen 17 Uhr mit dem Zug in die Stadt - leider stellt sich ziemlich schnell heraus, nämlich dann, als wir schauen, wie wir am Abend wieder zurück kommen, dass der letzten (!) Zug nach Pompeji um 21:30 Uhr fährt (mir fällt dabei wieder ein, wie ilfiglio vor 2 Jahren nach seinem Italien-Groundhopping-Trip darüber geschimpft hat, dass in Italien abends einfach keine Züge mehr fahren und man nach Spielen immer in der Stadt hängen bleibt, in der man im Stadion war) Das Spiel geht um 18:30 Uhr los, ist also so um 20:15 Uhr zu Ende - da müssen wir uns schon wieder langsam auf den Weg machen ... wir schaffen es am Abend auch gar nicht mehr so richtig dahin in die Stadt, wo richtig gefeiert wird, also beschließen wir Tertia den Gefallen zu tun und einfach nur Pizza essen zu gehen (Bitte, Mama, Papa, aber irgendwo, wo man sich unterhalten kann!! aka wo es nicht so laut und voll ist). 

Wir landen irgendwo - eher am Anfang - auf der spaccanapoli (die Spaccanapoli sind eigentlich mehrere Straßen, die auf der antiken Römerstraße verlaufen und die Altstadt zerteilen - spacca (zerschlägt) Napoli) und essen natürlich, wir sind in Neapel, Pizza. Ich lasse mich hinreisen und bestelle mir eine pizza fritta, weil die überall in Neapel angeboten wird und ich wissen will, wie die schmecke (weil, frittierte Pizza ist ja gefühlt eigentlich kurz vor Piazza Hawaii) - *Joar* die Hälfte habe ich geschafft, dann habe ich aufgegeben, weil ... also die süditalienische Pizza ist ja schon deutlich reichhaltiger als die norditalienische mit ihrem ja doch sehr dünnen Boden und das ganze dann noch triefend vor Fett ... schmeckt nicht schlecht, aber was leichtes ist das natürlich nicht (wir bekommen einen Karton und können meine halbe pizza fritta und Tertias 3/4 Pizza mitnehmen)

(aus Dokumentationszwecken schon wieder ein Foto im Restaurant ...)

Gegenüber des Restaurants entdecke ich Mitten in dem allgemeinen Napoli-Meisterschafts-Gewusel einen FCK-Aufkleber (macht mich sehr glücklich - ti amo)

Wir laufen dann, da waren wir vorher auch schon mal, zurück zur Piazza del Mercato, wo es einen Leinwand mit der Übertragung der Pokal-Übereichung gibt (nicht des Spiels, weil dafür müsste man die Rechte haben), Jungs in Tertias Alter schmeissen große Böller durch die Gegend, die Polizei hat ihr Blaulicht angeschaltet, um eben mit Blau auch mit zu feiern. Ich habe ein paar Videos gemacht, aber auch da, viele Leute drauf, alles schwierig. Aber Nonnen mit Napoli-Trikots, viel Lärm und Rauch, wildes Fahnenschwenken aber vermutlich alles kein Vergleich, wenn man richtig in der Stadt drin wäre. Aber egal, wir waren da, Tertia ist jetzt auch durch (wir sind heute fast 19 km gelaufen) und wir mache uns auf den Heimweg

Außerdem geht's morgen früh wieder zurück nach Rom!