giovedì 15 giugno 2023

Reise, Reise IV

[Eigentlich wollte ich gar nicht für jeden Tag einen Post schreiben, sondern mehr zusammenfassen, aber irgendwie habe ich so viele Bilder gemacht, dass das erstmal nur tageweise geht ...]

Wunderschöner Morgen auf der Dachterrasse mit tollem Rundum-Blick über die Dächer von Palermo





und damit es nicht zu schön und entspannt wird: Mathe ...
(nein, es geht, es klappt ganz gut und Tertia weiß ja, dass sie üben muss)



Dann ziehen wir zusammen mit den Mädchen los, ilfiglio ist alleine unterwegs. Einer der Hauptgründe warum ich mal nach Sizilien wollte war, dass das für mich ja schon der Rand vom klassischen Europa ist. Eigentlich würde ich am liebsten jedes Jahr an einen anderen "Rand" fahren, unser Tour auf dem Balkan war ja ähnlich Okay, das ist jetzt schon wirklich anders (Zum Beispiel wenn man in Sarajevo auf dem Markt steht), wir würden ja auch schon seit Ewigkeiten gerne mit dem Auto nach Istanbul fahren, wollten wir Jahren auf die Krim (das hat sich ja jetzt erst mal erledigt) usw. 


Das ist zum Beispiel San Cataldo, eine der letzten im arabisch-normannischen Stil erbaubten Kirchen Siziliens (Mitte 12. Jahrhundert). Der Bau ist oben mit einer umlaufenden kufischen (kalligrafische arabische) Schrift verziert und sieht auch sonst nicht allzu christlich aus - also außen, innern dann schon, aber wir beschließen, dass es dem Familienfrieden abträglich wäre, den Tag gleich mit einer Kirchenbesichtigung zu beginnen und verschieben das ganze auf den nächsten Tag (die Kirche ist eine 100 m von unserer Wohnung entfernt).


Also ziehen wir erst mal einfach so durch die Straßen und genießen die Sonne:





Palermo gilt inzwischen übrigens als eine der sichersten Städte Italiens, es gibt sehr viele Touristen, vor allem Amerikaner, zu erkennen an ihren riesigen Wasserflaschen (Stay hydrated!) und allgemeiner Überforderung angesichts dieser Italian real life experience und Müll (das war so mein Klischee/Vorurteil) ist überhaupt kein Ding (mehr?), jedenfalls in der Altstadt (selten, dass selbst mal so einen ordentlicher Sack Müll wie oben irgendwo herum steht) - es ist um ein vielfaches sauberer als es Genua vor 20 Jahren war, wo sich damals der Müll in den engen Gassen stapelte (niemand hat Mülltonnen) und man abends die Katzen-großen Ratten überall herumspringen sah. 


Mülltrennung klappt nach aussage unseres Gastgeber allerdings nur so mittel, aber immerhin wird es versucht.

Was mich auch etwas an Genua erinnert ist die Tatsache, dass man sieht, dass die Stadt einfach völlig mit der Instandhaltung des historischen Zentrums überfordert ist, weil es so groß und so alt ist und jeder Bau eigentlich ein Kulturdenkmal sein müsste. Und vieles natürlich bröckelt oder im schlimmsten Fall einfach leer steht: 




Nach einem Abstecher zum Segel-Hafen machen wir uns dann (mit vielen, vielen Amerikaner und anderen Touristen) auf die Suche nach dem real authentic food - zugegebenermaßen ein weiterer Grund für meine Vorfreude auf Palermo. Tertia wollte unbedingt diese "Reiskugeln" probieren und so landen wir - wie alle anderen, aber dies auch zu recht - bei Ke Palle in der Via Maqueda. Ke Palle übersetzte ich jetzt mal nicht ... 
Die Via Maqueda ist eine der zwei Hauptstraßen der Altstadt (die andere ist der Corso Vittorio Emanuele, wo sie sich in der Mitte treffen ist eben der Platz Quattro Canti (Vier Ecken)) Die beiden Straßen sind (tagsüber meine ich) für den Autoverkehr gesperrt, das ist sehr angenehm, man muss nur um so mehr in der Seitenstraßen aufpassen, weil da dann die Autos durchfahren. Im Großen und Ganzen sind die Auto und Motorini-Fahrer*innen aber sehr rücksichtsvoll und lassen einen immer den Vortritt. Ich würde auch ohne zu zögern in Palermo Auto fahren (okay, ich fahre auch in Rom und Genua ohne Problem mit dem Auto, aber ich halte das jetzt Mal fest, weil wir ja auch noch nach Neapel gehen. Mamma mia!)



Hier noch das für Mittelalter-Historiker*innen sehr lustige Werbeplakat von Ke Palle und gleichzeitig auch noch der Hinweis auf ein Dauerproblem der Reise: die Plastik-Becher ... überall bekommt man die statt normaler Gläser, extrem nervig und als Mensch aus der Stadt mit der Verpackungssteuer (da müsste ich als Gastwirtin pro Becher 50 cent Verpackungssteuer berappen und würde das natürlich an meine Kund*innen weiter geben) findet man das schon krass.

So, jetzt aber zu den "Reiskugeln" aka aranchine - den kleinen Orangen. Wer sie nicht kennt, das ist eine panierte und frittierte Reis-Kugel, in der der Reis mit anderen Zutaten gemischt wird. Man kann sie mit Fleisch, Pilzen, Gemüse oder - wie ich - Pistazien-Pesto drin essen. Es gibt sie mit quasi allem (hier das Menu des Ladens).




sehr lecker - und so eine Orangen große frittierte Reiskugel sättigt auch für viele Stunden ...

miomarito entscheidet sich für eine andere sizilianische Spezialität: panelle, das sind frittierte Kichererbsenmehl-Scheiben. 


auch sehr lecker

Dann machen wir uns langsam auf in Richtung Dom, davor gibt's aber noch eine süße Stärkung:


echte sizilianische Granita 


und eine Mini-Cassata 



Innen ist der Dom eher langweilig - 18. Jahrhundert ;-), aber wir wollen aufs Dach und zur Grablege, das geht zu einem recht günstigen Preis (bis man 19 Jahre alt ist muss man in Italien oft gar nichts bezahlen, ich weise Silencia darauf hin, dass sich eine selbstständige Italien-Reise vor dem 19. Geburtstag lohnen könnte)
Leider habe ich kein Foto davon, wie man Zugang zum Dach bekommt: man muss sich nämlich im Dom HINTER einen Altar in einer Seitenkapelle quetschen und dahinter ist dann der Durchgang (das Ganze ist nicht wirklich alt, aber es hat so etwas von Eco oder sonstigen spannenden Historien-Romanen)


große Fußboden-Liebe


Ausblick von der ersten Dach-Ebene auf den Dom-Platz


Ziegeln


auch hier wieder normannisch-arabischer Stilmix



Und der Blick von ganz oben


normalerweise kann man dann auch noch einmal um die Kuppel des Doms herumlaufen (und in die anderen Richtungen blicken), aber das wird gerade gearbeitet und der Teil ist gesperrt.

Dann ging es wieder runter, zu den rein ästhetisch nicht so beeindruckende Kaiser- und König*innen-Gräbern, aber da liegt eben Friedrich II. - übrigens in dem Sarkophag, den Roger II. (der sich den Dom in Cefalù hat bauen lassen) für sich und seine geplante Grablege im Dom von Cefalù hatte machen lassen, aus Cefalùaner Porphyr, und in dem er dann gar nicht bestattet wurde (sondern hier in Palermo, wo er verstarb und auch heute noch liegt). Später liess man dann den Sarkophag nach Palermo holen und Friedrich II. darin bestatten. 


So, nach so viel toten Königen, Königinnen und Kaisern wieder eine kulinarische Erfrischung, d.h. weil ich wissen will, was genau eine limonata salata ist und wie die schmeckt, probiere ich das also mal aus 


und bin begeistert. Es ist zwar genau das, was es ist, nämlich gesalzene Limonade, in Sizilien natürlich aus frischgepressten sizilianischen Zitronen, aber schmeckt überraschend gut (stammt eigentlich aus Messina, die Idee, da machen die das auch mit ihrem Bier, da kommt auch Salz rein - und das schmeckt auch sehr gut, leider ist das salzige Messina-Bier nur recht teuer ...)


und natürlich im Plastik-Becher ...
(ich habe es zu Hause natürlich auch schon ausprobiert, Zitronensaft, Wasser und Salz - schmeckt fast genauso gut - und wenn die ganz große Hitze kommen sollte sicher ein sehr sinnvolles Getränk)

Silencia hat keine Lust mehr auf Kultur (oder ihre Eltern und ihre kleine Schwester) ilfiglio braucht den Wohnungsschlüssel, weil er wieder in die Wohnung will und so treffen sich die beiden und wir ziehen nur mit Tertia weiter - zum Palazzo di Normanni. 

Der Palazzo wurde von Roger II. als Residenz erbaut, irgendwelche Teile der Grundmauern sind aber phönizisch-karthagische, die Araber hatten da auch mal was stehen, später wurde er dann mal aufgegeben, verfiel, wunde dann mehrmals umgebaut, und heute ist er der Sitz des Sizilianischen Parlaments (was ziemliches Sicherheitskontrollen nach sich zieht und dafür sorgte, dass miomarito sein Taschenmesser draußen vorm Palazzo verstecken musste ... drinnen sieht es im Schlosshof eigentlich aus wie bei miomarito im Museum ;-) (Altes Schloss in Stuttgart)

Weshalb wir (und viele anderen Menschen auch) hier sind, und auch den horrenden Eintritt bezahlt haben, ist die Cappella Palatina, die als Hofkapelle von - drei mal darf man raten ;-) - Roger II. in Auftrag gegeben wurde - bei seinem Tod 1154 war sie allerdings noch nicht ganz fertig -  im normannisch-arabisch-byzantinischer Stil und natürlich Weltkultur-Erbe. 



Irgendwann meinte ich dann zu miomarito, dass ich viele der Mosaik-Portraits überraschend modern und untypische für die Zeit Rogers II. fände und nach etwas Recherche stellte sich dann heraus, dass viele der Ur-Mosaike im Laufe der Zeit einfach ersetzt wurden und eben nicht mehr aus dem 12. Jahrhundert stammen. Fand ich etwas enttäuschend (wird so auch eher nicht erwähnt) und erinnerte mich an all die romanischen und gotischen Kirchen in Kroatien, bei denen offensichtlich war, dass die Steine niemals mit der Hand gehauen sondern maschinell geschnitten worden waren (klar, im Krieg zerstört und dann wieder aufgebaut - aber hallo, kleiner Hinweis wäre nett). 

(das ist aber aus dem 12. Jahrhundert)

und die hölzerne Decke ist auch alt und beeindruckend

weil die Karten so teuer waren, schauen wir uns auch noch den Rest an, das ist alles deutlich moderner

aber dann gibt es noch eine positive Überraschung: die Stanza di Ruggero (Rogers Zimmer):

Die Mosaike stammen zwar nicht aus der Lebenszeit Rogers, sondern aus der seines Sohnes Wilhelm I. aber 12. Jahrhundert und komplett profan (also nichts kirchliches, keine Heiligen, kein Jesus o.ä.) Die Löwen usw. sind auch keine Symbole für die Evangelisten, sondern das sind alles Macht-Symbole. 

So, genug Kultur für heute, wir gehen noch eine Runde in den schönen königlichen Garten, trinken einen Café und machen uns dann mal wieder auf zum Essenseinkauf. Noch später als gestern, also gibt es noch weniger Stände, aber immer noch genug:

Kutteln

Es gibt auch immer große Töpfe in denen gekochte Sachen auf ihren Verkauf warten,
hier Maiskolben, ich habe aber auch gekochte Artischocken und vieles mehr gesehen
(als wir uns in Pompeji dann die römischen Garküchen anschauen, muss ich wieder daran denken)

Schnecken 

(ich habe zu Hause in Deutschland dann mal gegoogelt, wie die gegessen werden, man nennt sie Babbaluci, kocht die Schnecken, richtet sie mit Knoblauch und Petersilie an und isst sie traditionell zu Santa Rosalia, dem Tag der Schutzheiligen Palermos.)

Wir sind aber langweilig und machen Pasta alla Norma (und etwas Fisch) und Reste vom Vortag

Davor geht miomarito aber noch schnell zum Friseur:

"zu Hause"

und wieder leckere Erdbeeren


Und dann fallen wir alle um ins Bett.

3 commenti:

Anonimo ha detto...

Vielen Dank für die Reiseberichte und die tollen Bilder, weckt große Italiensehnsucht!
Die gesalzene Zitronenlimonade klingt spannend: wieviel Salz gibt man denn da ungefähr zu? Würde ich gerne mal ausprobieren.

LG Sarah

Anonimo ha detto...

Dachte gerade,“Genua vor 20 Jahren“ wäre bisschen übertrieben, aber: oh je 😱

Eva

IO ha detto...

@sarah: Danke! Ich habe auf ein normales Glas zwei sehr, sehr großzüge Prisen gemacht, vielleicht so ein Espresso-Löffel voll ...
Also, ich habe jetzt noch mal gegoogelt. Auf eine Person zwei Zitronen und ein Kaffeelöffel Salz, allerdings sind das eher große Gläser. Man kann sich ja auch hocharbeiten ;-) (man muss das Salz aber schon schmecken)

@Eva: ich weiß, schlimm ;-) ... sind genau 20 Jahre im September .. (das war der ersten Jahrhundertsommer ...)